Stigma Behandlungsfehler
Die psychische Seite problematischer Behandlungsprozesse
"Erst wenn die Wahrheit anerkannt ist, kann
die Genesung des Opfers beginnen. Doch sehr viel häufiger wird
das Schweigen aufrechterhalten, und die Geschichte des
traumatischen Ereignisses taucht nicht als Erzählung auf,
sondern als Symptom."
Judith Herman
Wenn bei einer medizinischen Behandlung "etwas schief geht", sehen
sich Patienten urplötzlich in eine Situation der Gegensätze
geworfen. Da wo Heilen sein sollte ist plötzlich Schaden; da wo
der Heilende sein sollte möglicherweise der Schädigende; da wo
Ruhe und Genesung sein sollte, unter Umständen Kampf und
Auseinandersetzung; da wo Vertrauen sein sollte Unsicherheit und
Verzweiflung.
Wird das Thema Behandlungsfehler in den Medien aufgegriffen oder
in der Öffentlichkeit diskutiert, stehen fast immer nur
körperliche Schäden und Haftungsfragen im Vordergrund. Auch der
Gesetzgeber hat ausschließlich diese Seite im Blick, selbst wenn
es um den Aspekt der Beratung von Patienten geht.
Nahezu unbeachtet ist die andere, die psychische Seite des
Behandlungsfehlers. Wie im blinden Fleck sind damit unmittelbare,
unter Umständen traumatisierende Auswirkungen auf die Psyche
genauso wie langfristige Folgen - sowohl für Patienten als auch
für Behandler.